Deutsch-Französisches Institut
Arbeitsgemeinschaft, Elternvereinigung und Förderverein der Gymnasien mit zweisprachig deutsch-französischem Zug in Deutschland (LIBINGUA)

Hoyerswerda im historischen Überblick

Quelle: Architektour Hoyerswerda : Stadt - Bau - Kunst / [Autor: Peter Biernath]. - 1. Aufl. - Hoyerswerda : Kulturbund, 2005. - Rückseite Buchtitel.

Hoyerswerda ist seit 1952 Kreisstadt und seit 1996 kreisfreie Stadt. Sie liegt im Norden des Freistaates Sachsen, am Südrand des Lausitzer Urstromtales an beiden Ufern der Schwarzen Elster und wurde ehemals von vielen Wasserarmen durchquert. In der Stadt kreuzen sich die beiden Bundesstraßen B 96 (Zittau - Bautzen - Senftenberg - Berlin - Stralsund - Saßnitz) und B 97 (Dresden - Cottbus - Guben) sowie die Eisenbahnstrecke Falkenberg - Horka.

Dem an einer ehemaligen Wasserburg des späten 13. Jahrhunderts gegründeten Ort, im Jahre 1268 erstmalig urkundlich erwähnt, wurde 1371 dasMarkt-und 1423 das Stadtrecht verliehen. Sächsische und preußische Herrschaft wechselten und ließen über die Jahrhunderte eine kleine deutsch-sorbische Ackerbürgerstadt entstehen. Die Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts hat Hoyerswerda nur zögernd erfasst. Von Bedeutung waren der Eisenbahnbau, Werkstätten und eine Glasfabrik.

Im Umfeld der Stadt wurden umfangreiche tertiäre Braunkohlelagerstätten erschlossen. Vor fünfzig Jahren, im April 1954, beschloss die Regierung der DDR den Aufbau des Kombinates "Schwarze Pumpe" zur Erschließung, Nutzung und Veredelung der in der Lausitz vorhandenen Braunkohlenvorkommen. Für den Bau des größten Braunkohleveredelungswerkes Mitteleuropas, im Süden des damaligen Bezirkes Cottbus, bestimmte man Hoyerswerda als Standort für die künftige Wohnstadt der Arbeiter des Kombinates.

Hoyerswerda wurde wegen seiner Vorzüge hinsichtlich Zentralität im Gebiet und günstiger Verkehrslage zum Kokskombinat und zu den Tagebauen sowie benachbarten Zentren, aber auch wegen der guten landschaftlichen und bioklimatischen Lage, der vorteilhaften Möglichkeiten einer Anbindung der neuen Wohnstadt an die vorhandene Kreisstadt und der gegebenen günstigen Voraussetzungen für eine künftige technische Versorgung als Standort bestätigt."1 ...und Hoyerswerda, etwa 12 Kilometer südwestlich vom Kombinat gelegen, stand auf kohlefreiem Grund.

Im Jahr 1955 wurden die Prinzipien für den Aufbau der neuen Wohnstadt festgelegt:

  1. «Sicherung der günstigsten Wohn- und Lebensbedingungen der Bevölkerung zur Erfüllung der maximalen Bedürfnisse hinsichtlich Arbeit, Wohnung, Kultur und Erholung auf der Grundlage eines wissenschaftlich-technisch begründeten städtebaulichen Programms der Wohnungen und Gemeinschaftseinrichtungen,
  2. Gewährleistung industrialisierter und mechanisierter Baumethoden bei Berücksichtigung der Tatsache, dass in Hoyerswerda die Wohnbauten überwiegend in Großplattenbauweise und zum restlichen Teil in Großblockbauweise zu errichten sind.
  3. Erreichung eines höchsten Grades der Wirtschaftlichkeit der städtebaulichen Planung zur maximalen Senkung der Baukosten für Hochbauten, Verkehrseinrichtungen und Versorgungsanlagen im Sinne der Forderung "besser, schneller und billiger bauen" ohne Beeinträchtigung der Qualität,
  4. Städtebauliche Einordnung der neuen Wohnstadt in das Gebiet unter Beachtung der Gebietsplanung für das Industriegebiet Spremberg-Hoyerswerda»1

Die Deutsche Bauakademie und das Stadt- und Dorfplanungsbüro Halle entwickelten für Hoyerswerda den Grundgedanken zum Wohnkomplex. Etwa 3.500 bis 4.500 Menschen ordneten sie jeweils eine zweizügige Grundschule, Kinderkrippe, -garten und -hort zu. Der Wohnkomplex ist klar gegliedert nach Wohnbereich und Einrichtungen für Kinder.

Ein städtebaulicher Ideenwettbewerb - für Architekten, Ingenieure, Garten- und Landschaftsgestalter der DDR und Berlin ausgeschrieben - erbrachte den im Jahr 1956 mit dem ersten Preis ausgezeichneten Entwurf eines Kollektivs des damaligen Entwurfsbüros für Stadt- und Dorfplanung Halle.

Die städtebauliche Idee war folgende: Entlang einer von Norden nach Süden zum zukünftigen Bahnhof hin verlaufenden "Magistrale" werden sieben Wohnkomplexe mit jeweils etwa 3.500 - 4.500 Einwohnern angeordnet. Die zentralen Einrichtungen für Verwaltung, Kultur und Versorgung sollten in kompakten Gebäudekomplexen im flächigen Zentrum zusammengefasst und von den Wohnkomplexen hufeisenförmig in Richtung Altstadt umschlossen werden. Von hier konzipierten die Architekten eine grüne Querachse als Fußgängerverbindung über den zwischen beiden Stadtteilen liegenden Kultur- und Sportpark zum Zentrum der Altstadt. Das Zentrum plante man nicht als Aufreihung gesellschaftlicher Gebäude entlang einer "Magistrale", sondern als eine Komposition in einem zentralen Raum.

Die Zielstellung war, eine Mittelstadt mit etwa 37.000 Einwohnern - möglich bis 48.000 - jedoch nicht mit über 50.000 Einwohnern, zu errichten.

Am 30. Juni 1956 bestätigte der Ministerrat der DDR den Stadtbebauungsplan, das städtebauliche Programm und terminliche Festlegungen des Bauablaufes.

Mit dem in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre begonnenen Aufbau von Hoyerswerda entwickelte sich die Stadt zu einer der ersten Neubaustädte der DDR, bei deren Errichtung erstmals industrielles Bauen erprobt und eingeführt wurde.

1zitiert aus Deutsche Bauakademie. Städtebau und Siedlungswesen Heft 8/1957

Quelle : Architektour Hoyerswerda : Stadt - Bau - Kunst / [Autor: Peter Biernath]. - 1. Aufl. - Hoyerswerda : Kulturbund, 2005. - S. 3 - 4.

Quelle : Architektour Hoyerswerda : Stadt - Bau - Kunst / [Autor: Peter Biernath]. - 1. Aufl. - Hoyerswerda : Kulturbund, 2005. - S. 5.